Bis ein Jahr vor der Corona-Pandemie kamen jedes Jahr im Sommer in Scharen die Musikfans sogar von weit her in den Skulpturenpark Waldfrieden zu den Open-Air-Konzerten. „Klangart“ hieß die Reihe von 2009 bis 2019, in deren Rahmen sich Weltstars wie Al Di Meola, Stanley Clarke, John Scofield oder Ralph Towner die Klinke in die Hand gaben. Nun finden nur noch hin und wieder draußen vor der Villa Waldfrieden Musikveranstaltungen statt. Gegen Ende dieser Sommerpause gibt es wieder solch eine Gelegenheit, mit dem Auftritt des Royal Street Orchestra. Die vor sechzehn Jahren in Wuppertal gegründete Band ist auch jenseits der Stadtgrenzen in vieler Munde. So wundert es nicht, dass trotz der herbstlichen Kühle der Ort im Vorfeld ausverkauft ist, deshalb Kurzentschlossene keine Tickets mehr ergattern konnten. Um es gleich vorwegzunehmen: Die Besucher kamen voll auf ihre Kosten, sorgen doch die neun Musiker mit ihrem energetischen Auftritt für viel Kurzweil.
Die ganze Geschichte
Das Royal Street Orchestra lässt an diesem Abend seine Geschichte Revue passieren mit Stücken aus den Anfängen mit seinen Konzerten im Café Ada und im Live Club Barmen, den drei Alben bis hin zu ganz neuen Nummern. Achtzehn Titel plus eine Zugabe sind es, die unglaublich gut ankommen, manche Tanzbeine selbst bei den Kids nicht ruhen lassen und zu guter Letzt jeden Gast stehend mitfeiern lassen.
Großteils kommt Musik von der Bühne, die die Herkunft mancher Bandmitglieder nicht verleugnet. Dragan Burmazovic am Akkordeon kommt aus Serbien, Gert Kapo an den Keyboards aus Albanien und E-Bassist Armin Alic aus Jugoslawien. Die Kurzhalslaute Oud stammt aus Vorderasien, die zur selben Gattung zählende Bouzouki aus Griechenland. Beide Instrumente werden von Epimondas Ladas gespielt, kurzfristig eingesprungen für Nikolaos Rondelis. Also: Es werden überwiegend Nummern mit balkanischen, orientalischen und südeuropäische Klängen gespielt, zu denen auch manche Titel passen: „Hydra“ (das vielköpfige Ungeheuer der griechischen Mythologie), „Karagöz“ (türkisch für Schwarzauge), „Ali Pasha and the 40 Thieves“ oder „Baresha“ (armenisch für Schafhirtin). Mit „Spanish“ gibt es einen Ausflug auf die iberische Halbinsel. Hinzu kommen basslastige Grooves, Funk, rockige Beats sowie Anlehnungen an die Brass-Musik.
4 plus 5
Ausgelassen folkloristisch geht es zur Sache. Fetzt es zwischendurch nicht schwungvoll, sind auch die ruhigen, teils kontemplativen Momente voller Energie. Für diesen Drive sorgen die vier besagten Musiker und ihre fünf Kollegen: Geiger Christopher Huber, Cellist Cornelius Thiem, Gitarrist Christopher Esch, Schlagzeuger Christian Mohrhenn und Percussionist Max Klaas. Sie harmonieren perfekt miteinander, beindrucken selbst bei wieselflinken Tempi mit wirbelnden Soli, werfen sie sich einander die musikalischen Spielbälle zu, die mitreißend zu neuen Horizonten geführt werden.
Das Publikum jubelt nach jedem Stück ausgiebig ob der vom Royal Street Orchestra entfachten tollen Partystimmung und zieht schließlich nach über zweieinhalb Stunden selig von dannen.
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