Eigentlich ist Troy Mighty alias Dead Western recht dünn. Aber er klingt wie ein großer, alter Baum. Mit tiefem Timbre begleitet er seine dem Weird Folk entwachsenen Songs, die auf dem neuen Album „Everything, eternally“ mitunter auch kammermusikalisch begleitet werden (Discorporate). Animal Collective rühren auf ihrem neunten Album „Centipede Hz“ wieder ein höchst quirliges Popsüppchen an: ultrakomplex, sprunghaft, enervierend bis in die Haarspitzen und garantiert mit psychedelischer Klangkultur kurzgeschlossen. Ihr Universum ist so abseitig wie einzigartig (Domino). Ganz entspannt klingen The Sea and Cake – und das schon seit fast 20 Jahren. John McEntires (Tortoise) federndes Schlagzeug, Eric Claridges warmer Bass, Archer Prewitts weiche Gitarre und Sam Prekops gehauchter Gesang – das alles entstammt der Aufbruchsstimmung im Chicago des Postrock und hat sich bis jetzt, auf dem aktuellen Album „Runner“, nur minimal verschoben. Eine schöne Konstante (Thrill Jockey). Chan Marshall alias Cat Power hat mit „Sun“, ihrem ersten kompletten Album mit neuen Eigenkompositionen seit 2006, ein äußerst vielfältiges Werk zusammengestellt. Produziert von Philippe Zdar, gibt es hier ungewöhnliche Elektronikanteile bis hin zur Tanzbarkeit. Daneben gibt sie sich auch ausgelassen rockig. Nur wenige Stücke erinnern an die zerbrechlichen Folk- und Countrysongs der Vergangenheit. Leider … denn wo die Arrangements häufig sehr gewöhnlich sind, können auch nur wenige Songs mit ihren Melodien punkten (Matador).
Die italienischen Doom-Meister Ufomammut haben im Frühling ihr Album „Oro: Opus Primum“ veröffentlicht. Nun folgt der zweite Teil „Oro: Opus Alter“, der ihren sludgig-doomigen Space Rock wieder genüsslich auswalzt. Klingt wie eine Autoverfolgungsszene mit Bulldozern (Supernatural Cat). Das zweite Album von The XX erfüllt die Erwartungen an gedehnten, hypnotischen bis somnambulen Pop, der Elemente von Post-Dubstep aufgreift und immer weiter zu so etwas wie Post-Pop zerlegt. Oder Dream-Pop, von der Club-Seite kommend. Die Gesangslinien hinken mitunter leider hinter der ambitionierten Produktion zurück (XL). Der Laptop-Berserker Kid606 hatte ein schweres Jahr. Pech für ihn, Glück für uns! Denn sein neues Album „Lost in the Game“ ist weniger aggressiver Sampleterror denn wehmütiger White Noise. Eine warme Bassdusche wie in „Night Club vs. Book Club“ ist Balsam für die Seele – eine schöne Selbsttherapie (Tigerbeat6).
Gary War wird gerne mit Ariel Pink und John Maus verglichen, und irgendwie – ja. Mit John Maus verbinden ihn die 80er Jahre-Referenzen und die Echokammer, sein collagenhaftes Zitatfestival auf „Jared’s Lot“ erinnert an Ariel Pink. Aber genauer betrachtet ist seine Retrocollage mit Noise- und Hall-Terror dann doch aggressiver und verspulter und lässt auch immer wieder an den new wavigen Space Rock einer halb vergessenen Band wie Chrome denken (Spectrum Tools). A propos New Wave: Der Plan hat Anfang der 80er Jahre mit den ersten beiden Alben „Geri Reig“ und „Normalette Surprise“ zwei Klassiker der deutschen New Wave veröffentlicht. Ihre verspielte elektronische Avantgarde mit vagem Anschluss an die Tanzfläche klang zunächst psychotisch und wurde dann zunehmend humorig. Die Reissues enthalten diverse Bonustracks. Auch das gleichnamige Debüt von Palais Schaumburg hat Klassikerstatus. Dada-Texte mit New Wave-Funk hat die Band auf diesem Meilenstein von 1981 zusammengebracht. Das Reissue enthält außerdem die ersten beiden Singles und Live-Aufnahmen (alle bureau b).
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